Am 13.10. 2025 erreichte uns die E-Mail einer Wahlbeobachterin aus Hamburg, die während der Auszählung der Stimmen zum Volksentscheid in einem Wahlbezirk anwesend war. In ihrem Schreiben teilte sie ihre Eindrücke bat um Antwort auf eine Frage. Alle Fraktionen aus der Hamburger Bürgerschaft waren in Kopie ebenfalls angeschrieben, zu dem Zeitpunkt hatte jedoch noch keine der Fraktionen geantwortet.
Die Wahlbeoachterin beschrieb folgenden Vorgang, den sie gesehen hatte: Als es nach 18h zur Auszählung kam, wurden alle Schritte des Verfahrens als einerArt Anleitung vorgelesen und abgearbeitet. Hierbei wurde ausdrücklich und wiederholt von der Leitung des betreffenden Wahlbezirkes bemerkt, dass ein Auszählen der weissen DIN A4 Zettel (Abstimmungsschein) laut der ihr vorliegenden Unterlagen nicht gefordert sei.
Unsere Wahlbeobachterin wollte insbesondere wissen, ob dieses Vorgehen, also eine Auszählung aller (gelben und blauen) Stimmzettel ohne Abgleich mit dem weissen Abstimmungsschein, den rechtlichen Vorgaben entspräche.
In dem beschriebenen Fall gab es nach der Auszählung eine zwar kleine, aber immerhin eine Differenz von 2 Stimmzetteln, die zuviel waren und mitgezählt wurden (einer der ca. 10 Wahlhelfer hatte die Abstimmungsscheine dann trotzdem gezählt).
Ihrer Beobachtung nach hatten während des gesamten Wahltags im Eingangsbereich für alle, die ihre 2 Stimmzettel möglicherweise vergessen hatten, Stapel mit den (gelben und blauen) für diesen Fall ihre Stimmzettel nehmen konnten.
Die wesentliche Frage war, wie die Vorgaben zum Abgleich mit den Abstimmungsscheinen lauten.
Folgend unsere Antwort:
„Vielen Dank,
dass du als Wabeo die Auszählung zum Volksentscheid in Hamburg begleitet hast.
Leider haben wir keinen Hamburger in unserem Team, so dass wir die konkrete
Durchführung nur aus deinen Angaben ersehen können.
Nach unserer Recherche legt das hamburgische Volksabstimmungsgesetz fest, dass
das Gesetz über die Wahl zur Bürgerschaft und die hierzu erlassenen
Rechtsverordnungen analog auch für Volksentscheide gelten (siehe § 24 VAbstG,
Anwendung des Bürgerschaftswahlrechts).
Soweit wir aus deinen Ausführungen entnehmen, haben alle Wahlberechtigten
folgende Unterlagen zugesandt bekommen:
• Abstimmungsbenachrichtigungskarte
• einen gelben Stimmzettel
• einen blauen Stimmzettel
Dies ist im § 24 (3) VAbstG auch so festgelegt. Die Stimmzettel und deren
Richtigkeit können wir natürlich nicht beurteilen. Es müssen noch ein
Informationsheft dabei gewesen sein sowie die Umschläge (vollständige
Briefwahlunterlagen). Wenn wir das richtig sehen, ist bis hierhin alles
korrekt.
§ 38 der Verordnung für die Wahlen zur Hamburgischen Bürgerschaft (HmbBüWO)
legt jedoch fest, dass nach Beendigung der Wahlhandlung die Gesamtzahl der
Stimmabgabenvermerke im Wahlberechtigtenverzeichnis und die Gesamtzahl der
eingenommenen Wahlscheine festgestellt wird. Aus dem Gesetz für die
Volksentscheide geht für uns nicht hervor, dass für Volksentscheide etwas
anderes gelten würde. Die von dir als "weiße Abstimmungsscheine"
bezeichneten DIN A4 Zettel sind Wahlbenachrichtigungen gleichgestellt, d.h. für
uns, dass hier ein Abgleich hätte stattfinden müssen.
Zu dem Umstand, dass im Eingangsbereich (gelbe und blaue) Stimmzettel bereit
lagen, würden wir § 31 der HamBüWO heranziehen. Absatz (1) bestimmt, dass die
Wahlberechtigten die Stimmzettel im Wahlraum erhalten. Allerdings meint das
Gesetz damit sicher kein "unbeaufsichtigt im Eingangsbereich
herumliegen", sondern "vom Wahlvorstand beaufsichtigt und nur gegen
Wahlschein auszugeben". Das sich jeder mit einem eigenen Stimmzettel
aus der Versendung zusätzlich einen zweiten Stimmzettel am Eingang nehmen
konnte, eröffnet die Möglichkeit, dass jemand zwei Stimmzettel zusammengefaltet
einwerfen kann. So, wie du es beschrieben hast, kann niemand mit Sicherheit
ausschließen, dass es auf diese Weise zu dem Unterschied zwischen abgegebenen
Stimmen ("Abstimmungsscheinen") und Stimmzetteln in der Wahlurne
gekommen ist."
WABEO würde gerne grundsätzlich erreichen, dass bei jeder demokratischen
Abstimmung die Anzahl der Stimmzettel, die der Wahlvorstand vor Beginn der
Wahlhandlung erhält, limitiert ist. Die Summe muss in der Niederschrift
festgehalten werden. Nach der Wahlhandlung ist die Zahl der genutzten
Stimmzettel abzuziehen und mit der Anzahl der Wähler abzugleichen. Wir sind der
Meinung, dass hier eine große Gesetzeslücke besteht, die Wahlmanipulationen
ermöglicht.
Über die Handhabung von Stiften am Auszählungstisch haben wir keine Angaben in
der HamBüWO gefunden. Wir als WABEO sehen es aber als Verstoß an, wenn Stifte
bei der Auszählung der Stimmzettel in Reichweite liegen, da Manipulationen dann
nicht sicher auszuschließen sind.
Inzwischen
haben auch die Fraktionen der Linken und der SPD auf die Anfrage der
Wahlbeobachterin geantwortet. Obwohl hier die Justitiare bzw. Referenten für
Verfassung und Parlamentsrecht auf die Fragen eingegangen sind, wird aus
unserer Sicht deutlich, dass eine gerichtsfeste mit mehreren Wahlbeobachtern
pro Wahlbezirk die größte Sicherheit für das Wahlgeschehen ist. Der von unserer
Mitstreiterin berichtete Unterschied zwischen Abstimmungszetteln und
Stimmzetteln wurde damit erklärt, dass man auch ohne Abstimmungszettel und
statt dessen mit Vorlage des Personalausweises abstimmen konnte. Die erfolgte
Abgabe der Stimme sei dann im elekrtonischen Wählerverzeichnis eingetragen
worden. Doch was passiert bei Ausfällen im digitalen Raum oder Hackerangriffen?
WABEO ist der Meinung, dass es stets eine eindeutige alanlog erfasste
Wahlhandlung bzw. Abstimmungshandlung geben muss.